Ein naher Angehöriger kann, sofern er erstinstanzlich in einer Betreuungssache beteiligt war, gegen einen Betreuungsbeschluss der Beschwerdeinstanz im eigenen Namen eine Rechtsbeschwerde führen. Dazu muss er laut Bundesgerichtshof weder Erstbeschwerde eingelegt haben noch durch die Entscheidung formell beschwert sein. Hat ein Demenzkranker eine Vorsorgevollmacht erteilt, müsse das Gericht alle Bedenken ausräumen, ob er zu diesem Zeitpunkt geschäftsunfähig war. (BGH, Beschluss vom 16.06.2021 - XII ZB 554/20 Zitat aus Beck-Online)
Eine Frau litt an Demenz und erteilte zur Vermeidung einer Betreuung einem ihrer Söhne eine Vorsorgevollmacht. Daraufhin regte dieser beim zuständigen Amtsgericht an, dass er selbst zum Betreuer bestellt wird. Das AG Leer bestellte – nach Einholung eines Sachverständigengutachtens und Anhörung der Mutter – jedoch einen Berufsbetreuer. Auf die Beschwerden des Sohnes hob das Landgericht Aurich die Entscheidung auf. Es bestünden erhebliche Zweifel, dass sich ihr Zustand in so kurzer Zeit derart verschlechtert habe, dass eine Geschäftsunfähigkeit hinreichend sicher feststehe, so die Begründung. Damit war eine Tochter der Demenzkranken nicht einverstanden und legte Rechtsbeschwerde beim BGH ein – mit Erfolg.
Die Beschwerdebefugnis der Tochter für das Verfahren der Rechtsbeschwerde folge aus der entsprechenden Anwendung von § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG. Um dieses Rechtsmittel einlegen zu können, müsse sie weder eine Erstbeschwerde eingelegt haben noch formell beschwert sein.
Darüber hinaus betonte der BGH, dass es grundsätzlich keine Anhaltspunkte geben würde, wonach die Erteilung der Vollmacht durch die Demenzkranke unwirksam gewesen sei. Die Unwirksamkeit der Vorsorgevollmacht habe auch nicht positiv festgestellt werden können. Der BGH monierte vorallem, dass die Erwägungen des LG keine ausreichende Grundlage bieten, um ohne weitere Ermittlungen von dem eingeholten Sachverständigengutachten abweichen zu können. Dass die Frau von einem Psychiater trotz ihrer Demenzerkrankung für einwilligungsfähig gehalten worden sei, lasse ohne eine weitere sachverständige Beratung keinen Rückschluss auf ihre Geschäftsfähigkeit zum Zeitpunkt der Errichtung der Vollmacht zu. Der BGH hat das Verfahren daher an das LG zurückverwiesen.